Als wär's von Beckett

Bundesfilmpreis: Filmband in Silber
Mit Ila Goldstern und Günter Wolf. Ein authentischer Ehestreit als wär´s ein Theaterstück

  • Lutz Mommartz /

  • 1975 /

  • 23 min - 16mm - s/w

Du kannst den Film auch hier herunterladen: archive.org


  • Klaus Ulrich Reinke, Westdeutsche Kurzfilmtage Oberhausen, Bericht, 1976, spacer

  • Von dieser Art könnte der absolute Amateurismus sein, wie man ihn weiterhin proklamieren müßte; Amateurismus als Programm, eine geistige Substanz! Denn zur Stunde mehr und mehr wird allgemein der weltweit forcierte, nur kausalistische Perfektionismus-Wahn als Fehlleistung von universeller Tragweite begriffen. Solch amateuristischer Höhepunkt in der Ausformulierung von "Als wär’s von Beckett" hat bei seinem Autor, Mommartz, eine ganz und gar organisch gewachsene Ausgangsposition. Nachdem Mitte der 60-er Jahre das Experimentalsilmfestival in Knokke dem New American Cinema als "Brückenkopf" zur Rückeroberung der Alten Welt durch den nicht erzählenden Film gedient hatte, wurde Lutz Mommartz dort bei nächster Gelegenheit - Ende der 60-er Jahre - mit einem zweiten Preis ausgezeichnet und damit zum prominentesten Repräsentanten des "anderen Kinos" in Europa stilisiert.
    Unmittelbarer Nachfahre der deutschen Film-Avantgarde in den 20-er Jahren - Victor Eggeling, Hans Richter, Walter Ruttmann u.a. - somit. Amateure allesamt im französischen Wortsinn, Liebhaber, deren Absicht eben nicht darauf zielte, die dramatischen Muster der Sprechbühne möglichst unbemerkbar auf die Ausdrucksmöglichkeiten des Mediums Film zu übertragen. Sie wollten vielmehr dieses Medium Film in seiner permanenten Erweiterung selbst erfahren und anderen erfahrbar machen als eine mögliche, gänzlich eigenständige Ausdrucksform. Zusätzlicher Köder für die Assotiation dieses neuesten Films von Mommartz ist es allerdings, daß er das Sprechtheater ausdrücklich reflektiert, indem er mit dem Namen des Nobelpreisträgers Samuel Beckett gleich im Titel das gesamte absurde Theater zitiert.: Hier speziell: Becketts "Glückliche Tage", eine jener alltäglichen Ehetragödien - allein und ausschließlich ausgetragen zwischen Mann und Frau und von existenziell-tragischen Dimensionen.
    Die beiden Protagonisten sind die in Düsseldorf ansässige Künstlerin Ila Goldstern und der Mann, mit dem sie verheiratet ist, zusammenlebt und zwei Kinder hat. "Als wär’s von Beckett" setzt - nach dem Muster der amerikanischen Shortstory - unvermittelt und abrupt ein mit einem wort- und gestenreich unternommenen Versuch einer Standortbestimmung der beiden Darsteller. Retrospektiv quasi soll geklärt werden, wo die Gründe für das definitive Scheitern der Ehe-Konstellation zu suchen wären, damit sie - auf dem Weg über einen klärenden Bwußtseinsprozeß - möglicherweise überwunden werden können.
    Die Frau bittet den Mann um eine letzte, neue Chance. Letztenendes doch wenigstens um des gemeinsamen Kindes willen. Sie scheut dabei keineswegs vor Selbstentblößung und Selbstdemütigung zurück. Der Mann bleibt unumstößlich hart in seiner Rhetorik aussparenden unnahbaren Unversöhnlichkeit. Er stellt fest, daß er "keine Gewalt leiden kann, die sich als Liebe ausgibt".
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  • General Anzeiger Bonn, 28.4.76spacer

  • Das strindbergböse, dokumentarisch belegte Portrait einer Ehe, von dem man vergeblich hoffte, es sei 'nur' ein Spielfilm.
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  • Klaus Ulrich Reinkespacer

  • Unter diesen Gesichtspunkten endlich hat sich Lutz Mommartz‘ "Als wär’s von Beckett" als ein verbindliches Beispiel eines heutigen kreativen Bewußtseins erwiesen: das Privateste ist noch stets das Allgemeinste!
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